Süddeutsche Zeitung
8.Oktober 2000

Am Ende aller Gimmicks

Schluss mit Urzeitkrebsen und Gelddruckmaschine: Nach 25 Jahren kommt das letzte Yps-Heft an die Kioske – zumindest vorerst
Von Michael Zirnstein

München – Der Yps-Tag begann harmlos wie jeder Dienstag. Ein paar Grundschüler rissen in der Nähe des Hamburger Flughafens die Plastikhülle auf, schnappten sich das Gimmick – das dem Heft beigelegte Spielzeug – und blätterten nach der Gebrauchsanleitung. Sie breiteten die dünne, schwarze Plane aus, schwenkten sie durch die Luft, bis sie sich gefüllt hatte, verknoteten das Ende und banden die Drachenschnur daran fest. Eine Weile passierte nichts. Die Sonne erwärmte die drei Meter lange Luftwurst. Sie begann zu schweben, stieg höher und höher. Der Sicherheitsdienst des Flughafens löste Terroristenalarm aus. Im ganzen Land hingen tausende „Solar-Zeppeline“ am Himmel. Am nächsten Tag meldeten die Zeitungen überall Ufo-Sichtungen.

Fast 20 Jahre später gibt es wieder Aufregung um Yps. Am heutigen Dienstag kommt die vorerst letzte Ausgabe der Comic-Zeitschrift mit dem gewissen Etwas an die Kioske. Für 4,90 Mark bringt Nummer 1253 ein „Leuchtendes Sound-Ufo“, einen Rückblick auf die lustigsten Pannen in 25 Jahren Yps und Abschiedsgrüße der Macher, etwa von dem Münchner Erfinder Reinhard Haas, der von Anfang an die Gimmicks mitentwickelte.

„Zuletzt lag die Auflage im Schnitt bei 85 000 verkauften Exemplaren. Zu Spitzenzeiten waren es 400 000. Es reicht halt nicht“, erklärt Marion Egenberger, Sprecherin des Egmont Ehapa Verlags. Auf dem Markt habe es eine „Inflation“ der Kinder- und Jugendmagazine gegeben, berichtet Egenberger, Extras – wie Yps sie 1975 als Lockmittel einführte – seien „eine Selbstverständlichkeit“.

Auf Marsianer vorbereitet

Die Botschaft vom Ende der Yps-Ära hat vor allem alte Fans schwer getroffen. Sie haben „Rettet-Yps“-Vereine gegründet und diskutieren im Internet, wie man das Heft und die Welt retten kann. „Wie soll man ohne den ‘Signalreif der Marsianer’ selbstbewusst auf gerade gelandete Aliens zugehen?“, fragt ein verzweifelter Anhänger. Die Gimmicks hatten für viele den Spielplan der darauffolgenden Woche bestimmt: Die Leser gingen mit „Fernrohr“ und „Miniangel“ als Abenteurer auf die Pirsch oder legten sich mit dem „Blasrohr, das um die Ecke schießt“ in Agenten-Mission auf die Lauer. Sie unterhielten die ganze Familie mit Scherzartikeln („Furzkissen“) und Zaubertricks („Gelddruckmaschine“) und überraschten beim Sonntagsfrühstück mit „Viereckigen Eiern“. Yps-Leser lernten Verblüffendes aus der Botanik („Der Ostereierbaum“) und übernahmen früh Verantwortung für ihre ersten Haustiere: Aus einem Yps-Pulver ließen sie in Einmachgläsern „Urzeitkrebse“ gedeihen – und spülten die lebendigen Spielgefährten, wenn sie ihrer überdrüssig wurden, ins Klo. „Yps hat mich mein ganzes Leben begleitet“, erinnert sich ein 31 Jahre alter Fan trauernd im Internet.

„Ach, hätte doch nur einer dieser Nostalgiker in letzter Zeit ein Heft gekauft“, ärgert sich Ehapa-Sprecherin Egenberger. Gleichwohl sei dem Verlag angesichts der Fülle der Sympathiebekundungen bewusst geworden, „die Marke Yps ist zu stark und zu gut, um sie einzustellen“. Verschiedene Abteilungen seien beauftragt, das Heft völlig neu zu konzipieren, sagt Egenberger, und vertröstet die schluchzenden Fans auf Mitte nächsten Jahres. „Wir werden weitermachen, in welcher Form auch immer. “

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