Da half nicht mal die Juniortüte
Verlage können grausam sein: Geht es Mäusen schlecht, müssen Füchse sterben
Von Marcel Rosenbach
Im Stuttgarter Egmont Ehapa Verlag gab es einst einen schönen Brauch: Wenn die Auflage des Flaggschiffs "Micky Maus" über der des
"Spiegel" lag, köpften die Mitarbeiter eine Flasche Sekt. Noch bis vor drei Jahren, als die Druckauflagen zwischen 800 000 und der
magischen Millionengrenze schwankten, wurde regelmäßig Sekt getrunken. Dann kam der Absturz. Im zweiten Quartal 1999 wurden
noch knapp 611 000 Hefte verkauft. In diesem Jahr schrammte die Postille mit dem Neuesten aus Entenhausen laut IVW gar nur noch
knapp über die halbe Million.
"Das ist schon herb", sagt Ehapa-Sprecherin Christina Godau, denn mit diesem Titel "steht und fällt das Unternehmen". Dort brodelt es
derzeit sowieso: Der Umzug nach Berlin, für Anfang nächsten Jahres vorgesehen, stößt bei vielen Mitarbeitern auf heftigen Widerstand.
Auf die jüngste Hiobsbotschaft vom Auflagenverfall bei "Micky Maus" reagierte der Verlag nun mit einer energischen
Portfolio-Bereinigung: Die traditionsreiche Comicreihe "Fix und Foxi", die der Verlag erst im Mai wiederbelebt hatte, wird sofort
eingestellt. Das Magazin "Yps", seit 25 Jahren auf dem Markt und bekannt für seine schrägen Gimmicks vom "Solar-Ufo" bis zum
"Furzkissen", wird im Oktober zum vorerst letzten Mal erscheinen.
Allerdings gibt es für "Yps", das Ehapa erst Ende letzten Jahres von Gruner+Jahr übernommen hatte, noch Hoffnung: "Darauf wollen wir
nicht verzichten, wir arbeiten an einem Relaunch", sagt Godau. Offenbar hat das Heft auch noch eine eingeschworene Fangemeinde -
obwohl Egmont Ehapa das Blatt von nur einem Redakteur machen und im Kleinstformat auf billigstem Papier drucken ließ. Beim
Branchendienst Kress Online, der im Netz eine "Rettet Yps"-Aktion gestartet hat, laufen jedenfalls massenhaft Mails ein, in denen teils
ironisch, teils emotional ("Wenn Yps stirbt, stirbt das letzte Relikt meiner Jugend") gegen die Entscheidung protestiert wird.
Endgültig ist hingegen das Aus für die roten Zwillingsfüchse "Fix und Foxi". Als wollte er den Kids schon einmal einen dezenten Hinweis
geben, hatte der Verlag der Juli-Ausgabe als "Super Extra" einen Button beigelegt, der einen am Boden liegenden, total fertigen Lupo
zeigte. Darüber die Zeile: "Ich bin Fix & Foxi". Anders als "Yps" scheint den biederen Geschichten mit Oma Eusebia und Professor Knox
von Rolf Kauka (82) allerdings niemand nachzutrauern. Nicht einmal im "Comic-Forum" der offiziellen Verlags-Homepage herrscht
Begräbnisstimmung: "Schlechte Storys, mies gedruckt", schreibt ein Comicfan als Nachruf, und "mit drei Comics für vier Mark viel zu
teuer".
"Das war nichts, was die Kids heute vom Hocker haut", sagt auch Christina Godau. Zu den Verkaufszahlen will sie sich nicht äußern - sie
dürften verheerend gewesen sein. Und das, obwohl "Fix und Foxi" zuvor bei ARD und KiKa ihre TV-Premiere feiern konnten. Und der
Verlag kräftig die Trommel rührte: So gab es eine Million Leseproben zur Mc Donald s-Juniortüte.
Bei Egmont Ehapa will man den Niedergang von "Micky Maus" künftig lieber mit aktuellen, eher kurzlebigen TV-Ablegern kompensieren
- wie es die Nachbarn vom Stuttgarter Dino-Verlag mit dem "GZSZ-Magazin" erfolgreich vorexerzieren. Das "Big-Brother-Magazin" der
Ehapa-Tochter Cultfish und das Heft zur RTL 2-Serie "Sailor Moon" sind nur der Anfang. Die heute 30-Jährigen werden damit leben
müssen: Die Zeit ihrer Comic-Ikonen ist vorbei.
© beim Autor/Berliner Zeitung 19.07.2000
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